6.3. Problemfelder und rechtlicher Rahmen#

In den letzten Abschnitten haben wir dargelegt, was unter Forschungsdaten verstanden werden kann und warum diese Daten veröffentlicht und zugänglich gemacht werden sollen. Die Publikation von Forschungsdaten stellt Transparenz her, gewährleistet die Überprüfbarkeit von Forschungsergebnissen und legt die Grundlage für eine Nachnutzbarkeit der Daten in anderen Forschungsprojekten. Auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) weist in ihren Empfehlungen zum Umgang mit Forschungsdaten darauf hin, dass eine Nachnutzungsmöglichkeit wann immer möglich angestrebt werden sollte.

Eine Veröffentlichung von Forschungsdaten ist aber nicht immer ohne Probleme möglich. Es müssen rechtliche und ethische Aspekte berücksichtigt werden. Auf rechtlicher Ebene spielen Fragen des Urheberrechts, des Datenschutzes und dem damit eng verbundenen Persönlichkeitsrecht eine wichtige Rolle. Ethische Themenbereiche sind etwa die Frage, wie die Daten entstanden sind bzw. erhoben wurden, ob sie vollständig sind oder in bestimmten, wichtigen Bereichen Lücken enthalten oder ob verzerrte Darstellungen von Sachverhalten in den Daten zu erwarten sind.

Im Verlauf unserer Fallstudie traten ebenfalls Schwierigkeiten bezüglich der Publikation der Daten zu unserem Korpus auf. Die filmografischen Angaben enthalten personenbezogene Daten, die nicht ohne Weiteres veröffentlicht werden können. Wir haben an mehreren Stellen der OER bereits auf aufgetretene Probleme hingewiesen und wollen in diesem Kapitel genauer auf diese eingehen. Für die OER haben wir uns letztlich für die Arbeit mit einem synthetischen Datensatz entschieden, auf dessen Erstellung wir in einem eigenen Abschnitt eingehen.

Aus unseren Erfahrungen bei der Fallstudie hat sich gezeigt, dass es ratsam ist, sich möglichst früh in einem Projekt mit den rechtlichen und ethischen Fragen zu beschäftigen, die sich aus den im Projekt entstehenden Forschungsdaten ergeben. Diese Fragen können sehr komplex sein - auch wenn es auf den ersten Blick nicht den Anschein haben sollte. Es ist also wichtig, fundierte rechtliche Beratung einzuholen.

Auch Marion Goller und Adelheid Heftberger weisen darauf hin, dass die Nachnutzung von Forschungsdaten rechtlich erlaubt sein muss. [Goller and Heftberger, 2018] Sie führen die Immaterialgüterrechte wie das Urheberrecht und Leistungsschutzrechte an, die für die Nachnutzung von Daten zur Hürde werden können. Das Urheberrecht soll Künstler:innen und deren kreative Leistungen schützen, kann aber die wissenschaftliche Arbeit behindern.

Für unsere Fallstudie spielt neben dem Urheberrecht vor allem der Datenschutz und die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung eine wichtige Rolle. Bei den studentischen Filmen aus dem Archiv der Filmuniversität handelt es sich größtenteils um unveröffentlichte Werke. Oft sind es Übungen, die im Rahmen des Studiums entstanden sind. Die filmografischen Angaben wurden also bisher nicht veröffentlicht. Sie enthalten auch personenbezogene Daten, wie die Namen der Mitwirkenden und deren Funktion im Projekt. Bei diesen Daten ist nicht gesichert, ob eine Einwilligung der betroffenen Personen für die Veröffentlichung vorliegt.

Auf diese Problemfelder bei der Publikation und möglichen Nachnutzung von Forschungsdaten werden wir in den weiteren Abschnitten eingehen.

Achtung

Die folgenden Ausführungen geben lediglich Hinweise auf mögliche rechtliche Probleme beim Umgang mit Forschungsdaten. Es handelt sich dabei nicht um rechtsverbindlichen Aussagen und sie können eine fundierte rechtliche Beratung nicht ersetzen.

6.3.1. Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und personenbezogene Daten#

Im Rahmen der OER war bereits mehrfach von personenbezogenen Daten die Rede. Doch was ist damit eigentlich gemein? Nach Art. 4 Nr. 1 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) bezeichnet der Ausdruck

„personenbezogene Daten“ alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (im Folgenden „betroffene Person“) beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden kann;

Als Beispiele für Forschungsdaten mit Personenbezug führen Janna Kienbaum, Patryk Fischer und Sven Paßmann [Kienbaum et al., 2023] u.a. an:

  • Name

  • Institutions- oder Organisationszugehörigkeiten

  • Berufsangaben, Titel und Bildungsabschlüsse

  • Zeitangaben

Auf der Grundlage der Definition in der DSGVO und gemäß dieser exemplarischen Beispiele sind in den filmografischen Angaben des Datensatzes unserer Fallstudie personenbezogene Daten beinhaltet. Die dort aufgeführten Personen können durch die Nennung ihres Namens in den Daten identifiziert werden. Die Namen kennzeichen sie als Mitwirkende an einem studentischen Filmprojekt und als der Institution Hochschule für Film und Fernsehen “Konrad Wolf” zugehörig - bedingt durch die Herkunft der Datengrundlage aus dem studentischen Filmarchiv. Eine zeitliche Einordnung ist durch die Jahresangabe der Entstehung des Films möglich. Potentiell kann sogar auf den Bildungsabschluss einzelner in den Angaben genannten Person geschlossen werden, da als Projektart z.B. Diplomfilm aufgeführt ist, der einem bestimmten Gewerk - z.B. Regie oder Kamera - zugeschrieben wird. Die in den filmografischen Daten enthaltenen Informationen sind also durchaus Ausdruck der “kulturellen oder sozialen Identität” einer Person.

Weitere Informationen zum Datenschutz und zu personenbezogenen Daten finden sich auf der Webseite forschungsdaten.info, unter anderem auch folgender Hinweis:

Ob eine Person durch bestimmte Daten identifizierbar ist, hängt nicht zuletzt davon ab, welche Hilfsmittel zur Verfügung stehen. Während eine IP-Adresse in den Händen eines Internetproviders personenbezogen ist, fehlen den meisten anderen Akteuren die entsprechenden Zuordnungsdaten, um eine Identifizierung vorzunehmen. Grundsätzlich ist das Merkmal aber weit auszulegen, eine Information ist selbst dann personenbezogen, wenn die Zuordnung mit einem gewissen Aufwand verbunden ist.

Bei der Einschätzung, ob es sich um personenbezogene Daten handelt, ist also große Vorsicht geboten.

Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist zunächst grundsätzlich verboten. Gemäß DSGVO bestehen aber Möglichkeiten, Daten dennoch zu verarbeiten. Für die Forschung nennen Janna Kienbaum, Patryk Fischer und Sven Paßmann [Kienbaum et al., 2023] zwei Ausnahmen:

  • Die betroffenen Personen erteilen die Einwilligung zur Verarbeitung ihrer Daten. Für diese Einwilligung muss der genaue Zweck der Datenverarbeitung angegeben werden, ebenso die Art der Speicherung und Archivierung der Daten. Die Einwilligung muss freiwillig erfolgen und kann jederzeit wiederrufen werden.

  • Die Datenverarbeitung erfolgt aus überwiegend wissenschaftlichen Interesse. Dies wird in Landesgesetzen näher geregelt, meist wird dabei ausdrücklich vorausgesetzt, dass ein öffentliches Interesse an der Forschung bestehen muss.

Beide Ausnahmen für die Verarbeitung personenbezogener Daten liegen bei den Daten unserer Fallstudie nicht vor: Es ist nicht gesichert, dass die betreffenden Personen ihre Einwilligung erteilt haben und aus Beratungsgesprächen bezüglich des rechtlichen Rahmens ging hervor, dass auch nicht von einem überwiegend wissenschaftlichen Interesse ausgegangen werden kann.

Paul Klimpel und Fabian Rack weisen darauf hin, dass auch Metadaten zu audiovisuellen Materialien personenbezogene Daten enthalten, etwa solche über die Mitwirkenden. [Klimpel and Rack, 2023] Daher müsse auch in diesem Fall der Datenschutz beachtet werden, wenn diese öffentlich zugänglich sein sollen. Zusätzlich merken sie an:

Bei professionellen Film- oder Fernsehproduktionen wird man davon ausgehen können, dass die Interessen an der Findbarkeit solcher Inhalte die Interessen der Betroffenen überwiegen. Denn solche Personenangaben waren meist bereits öffentlich, bevor die Inhalte ins Archiv kamen.

Dies gelte jedoch nicht für private Aufnahmen oder Aufnahmen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren. Das Interesse der Auffindbarkeit könne zwar hier überwiegen, z.B. bei Aufnahmen in einem Archiv, das müsse aber im Einzelfall geprüft werden. Die Personenangaben zu den studentischen Filmen aus dem Filmarchiv der Filmuniversität sind zum Großteil noch nicht öffentlich. Es handelt sich nicht um professionelle Filmproduktionen, sondern um studentische Übungsfilme und Prüfungsleistungen, die nur in Ausnahmefällen veröffentlicht wurden. Auch ein Interesse an der Findbarkeit liegt nach Expert:innenmeinung nicht vor. Das Fazit ist also hier wiederum, dass der Datensatz nicht veröffentlicht werden kann.

Aus den bisherigen Ausführungen wird deutlich, dass es sich anbietet, möglichst früh potentiell auftretende Probleme bei der Publikation von Forschungsdaten abzuklären. Die Einschätzung, ob Forschungsdaten z.B. personenbezogene Angaben enthalten und eine Publikation aus rechtlicher Sicht möglich ist, liegt in der Verantwortung der jeweiligen Forschenden. Eine fundierte rechtliche Beratung ist daher immer sinnvoll, auch sollte der/die Datenschutzbeauftragte Ihrer Institution zu Rate gezogen werden.

Eine Möglichkeit zur Veröffentlichung von Datensätzen mit personenbezogenen Daten besteht in der Anonymisierung. Janna Kienbaum, Patryk Fischer und Sven Paßmann [Kienbaum et al., 2023] führen die hierfür notwendigen Bedingungen auf. Alle Bezüge zu den Personen müssen entfernt werden, also sämtliche Identifikatoren wie Namen oder Adressen. Die Daten können somit nicht mehr bestimmten Personen zugeordnet werden. Zudem ist es möglich, die Daten zu aggregieren, die Informationsgenauigkeit also zu reduzieren. Statt dem genauen Geburtsdatum wird z.B. das Alter einer Gruppe angegeben. In Interviews können konkrete Namen durch “der Mann” oder “die Frau” ersetzt werden.

Eine Pseudonymisierung reicht hingegen nicht aus. Bei der Pseudonymisierung wird ein Name durch einen anderen Namen oder eine Kennung ersetzt. Dies kann jedoch rückgängig gemacht, der Personenbezug also wieder hergestellt werden. Weitere Informationen zur Anonymisierung finden sich bei forschungsdaten.info.

Eine Anonymisierung macht für den Datensatz unserer Fallstudie wenig Sinn. Für die Auswertung der filmografische Angaben sind der Personenbezug in Form der Namen der beteiligten Mitwirkenden und deren Funktion wie Regie oder Kamera gerade wichtig. Auch der korrekte Titel und die zeitliche Einordnung in Form des Entstehungsjahres spielen hierbei eine wichtige Rolle. Wir haben uns daher für die Erstellung eines synthetischen Datensatzes für Übungszwecke in der OER entschieden.

Eine Anonymisierung oder Pseudonymisierung und damit die Tilgung der Namen ist auch aus einem anderen Grund nicht so einfach möglich. Das deutsche Recht sieht den Anspruch vor, als Urheber eines Werkes genannt zu werden. Dies wäre bei einer Pseudonymisierung nicht mehr gegeben.

6.3.2. Urheberrecht#

Fragen des Urheberrechts können wir in diesem Kontext lediglich ansatzweise und kursorisch behandeln. Prinzipiell werden laut Till Kreutzer und Henning Lahmann durch das Urheberrecht die Leistungen von Kreativschaffenden und der Kreativwirtschaft geschützt. [Kreutzer and Lahmann, 2021]

Geschützt sind dabei Werke, bei denen eine persönliche geistige Schöpfung zu erkennen ist, die also eine gewisse Schöpfungshöhe aufweisen. [Klimpel, 2020] Ein Werk muss sich demnach vom Alltäglichen abheben und über das rein Handwerkliche hinausgehen. Im Urheberrechtsgesetz wird bei den geschützten Werken allgemein von “Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst” gesprochen. Als konkrete Fälle werden z.B. Sprachwerke, Werke der Musik, Werke der bildenden Kunst und auch Filmwerke angeführt. Dabei ist nur die konkrete schöpferische Gestaltung durch das Urheberrecht geschützt, nicht aber Ideen, Informationen oder abstrakte Ressourcen. [Kreutzer and Lahmann, 2021] In gewisser Weise ist also die Form, nicht aber der Inhalt eines Werkes urheberrechtlich geschützt.

Paul Klimpel und Fabian Rack weisen darauf hin, dass nahezu alle Filme urheberrechtlich geschützt sind. Für sie “gehört der Film aus der Perspektive des Urheberrechts zu den komplexesten und schwierigsten Kulturerzeugnissen.”[Klimpel and Rack, 2023] Durch die Digitalisierung haben sich neue Nutzungsformen ergeben, etwa bei Streaming-Plattformen. Filme sind mittlerweile technisch leicht kopierbar und neben professionellen Produktionen entstehen immer mehr semi-professionelle und private Produktionen, etwa in den sozialen Medien. Zudem sind an filmischen Werken in der Regel mehrere Urheber:innen beteiligt.

Diese neuen Formen der Nutzung sind deshalb urheberrechtlich relevant, da die Verwertungsrechte für die Werke bei den Urheber:innen liegen. Nur sie dürfen “darüber bestimmen, ob und wie ihr Werk vervielfältigt, verbreitet, ausgestellt oder öffentlich wiedergegeben wird.” [Klimpel and Rack, 2023] Darüber hinaus sind Urheber:innen durch das Urheberpersönlichkeitsrecht geschützt. Dieses Recht garantiert ihnen unter anderem die Anerkennung ihrer Urheberschaft, das Entscheidungsrecht über die Art und Weise der Veröffentlichung sowie den Schutz vor Verstümmelung oder Entstellung ihrer Werke. [Klimpel and Rack, 2023] In Deutschland sind Urheberrecht und Persönlichkeitsrecht also eng miteinander verknüpft. Für den Datensatz unserer Fallstudie bedeutet dies, dass Urheber:innen grundsätzlich das Recht haben, in den filmografischen Angaben mit ihrem korrekten Namen und ihrer tatsächlichen Funktion genannt zu werden – was wir jedoch wie bereits geschildert nicht gewährleisten können.

Das Urheberrecht kann nicht auf andere Personen übertragen oder abgegeben werden. Die Urheber:innen können jedoch Dritten Nutzungsrechte einräumen. Diese können das Werk dann auf eine bestimmte Art und Weise nutzen, z.B. vervielfältigen, verbreiten oder öffentlich wiedergeben. Für die einzelnen Nutzungsarten können also von den Urheber:innen Lizenzen vergeben werden. [Klimpel and Rack, 2023]

In bestimmten Fällen gelten jedoch Ausnahmeregeln und gesetzliche Erlaubnisse. Diese greifen dann, wenn die Bedürfnisse der Allgemeinheit überwiegen und etwa die Freiheit der Wissenschaft und Forschung, die Informationsfreiheit und die Bildung betroffen ist. Bei diesen einzelnen Ausnahmen können Werke auch ohne Zustimmung der Urheber:innen genutzt werden. Auch das Zitatrecht ermöglicht eine Nutzung des Werkes ohne Zustimmung und Vergütung. [Klimpel and Rack, 2023]

Der urheberrechtliche Schutz gilt bis 70 Jahre nach Tod der/des Urhebers:in. Danach ist das Werk gemeinfrei und ohne Lizenz nutzbar. Bei Filmwerken zählt dabei der Tod der/des Regisseurs:in, des/der Drehbuchautors:in oder der/des Komponisten:in der Filmmusik. Maßgeblich ist dabei, wer von den gemeinsamen Urheber:innen am längsten lebt.

Auf diese spezielle Lage bei filmischen Werken weisen Paul Klimpel und Fabian Rack hin:

Filme sind aus urheberrechtlicher Sicht sehr komplexe Werke. Bei einem Film werden mehrere Werkarten und einzelne Leistungen verschiedener Urheber:innen und Künstler:innen zu einem neuen Werk verbunden. Daher ist es besonders problematisch, zu bestimmen, wer zu den Urhebern eines Films gehört, welche einzelnen Beiträge als urheberrechtliches Werk zu qualifizieren sind und welche Beiträge Leistungsschutz genießen. [Klimpel and Rack, 2023]

Miturheber:innen sind bei einem Film also alle, die bei der Entstehung schöpferisch beteiligt waren. Welche Funktionen und Gewerke schöpferisch tätig gelten, ist dabei nicht klar festgelegt. Meist werden nach Paul Klimpel und Fabian Rack Regisseur:in, Kameraperson und Cutter:in (bzw. Editor:in) als Miturheber:in angesehen, eine feste Liste gibt es hierfür jedoch nicht. [Klimpel and Rack, 2023]

Das Urheberrecht spielt neben der Relevanz für die filmografischen Angaben eine wichtige Rolle für Filmwerke als Forschungsdaten. Werden in einem Forschungsprojekt filmische Werke analysiert, müssten diese als Teil der Forschungsdaten mit veröffentlicht und zugänglich gemacht werden. Dass diese nicht ohne Weiteres möglich ist, sollte durch die bisherigen Ausführungen deutlich geworden sein.

6.3.3. Forschungsdaten und Urheberrecht#

Wem “gehören” nun Forschungsdaten? Diese Frage stellt sich Linda Kuschel und führt aus, dass es ein Eigentum an Forschungsdaten nicht geben kann, da der Eigentumsbegriff auf körperliche Gegenstände begrenzt ist. Forschungsdaten sind meist digital gespeichert und ein Eigentum an Daten besteht nicht. [Kuschel, 2018]

Forschungsdaten können aber unter bestimmten Voraussetzungen urheberrechtlich geschützt sein. In diesem Fall muss eine eigene geistige Leistung der Person vorliegen, die die Daten produziert, also eine gewisse Schöpfungshöhe erreicht werden. [Hübner, 2024] Dies ist laut Andreas Hübner etwa bei qualitativen Forschungsdaten wie aus einer teilnehmenden Beobachtung in der Ethnologie oder einem Interview in der Regel der Fall. Daten aus Experimenten und Versuchen oder Messdaten unterliegen dagegen nicht dem Urheberrecht.

Bestehen Urheberrechte an Forschungsdaten hat der/die Urheber:in auch das Recht, namentlich genannt zu werden und die Daten zu veröffentlichen. Dann können auch Nutzungsrechte an Dritte übertragen werden, z.B. in Form von offenen Lizenzen. Sollen Forschungsdaten an andere Institutionen mitgenommen werden, kann dies schnell rechtlich kompliziert werden. Andreas Hübner empfiehlt daher, möglichst früh Vereinbarungen über Nutzungsrechte zu treffen.

6.3.4. Lizenzen#

Forschungsdaten können also öffentlich zugänglich gemacht werden, wenn die entsprechenden Rechte vorhanden sind und Aspekte des Datenschutzes beachtet werden. Eine Auswertung und damit eine Nachnutzung dieser veröffentlichten Daten ist im Rahmen von Forschungsprojekten möglich.

Dies bedeutet jedoch nicht unbedingt, dass die im Projekt ausgewerteten, öffentlich zugänglichen Daten auch wieder veröffentlicht werden können. Für eine erneute Veröffentlichung müssen entsprechende Lizenzen für die Ausgangsdaten vorliegen. Für jede Veröffentlichung muss also beachtet und geprüft werden, ob dies aus rechtlicher Sicht möglich ist. Lizenzen können von den Urheber:innen auch nur für eine einmalige Veröffentlichung - z.B. in einer Datenbank - erteilt worden sein.

Es muss also immer im Einzelfall geprüft werden, welche Nutzungsrechte vorliegen und welche Nutzung erlaubt ist. Im wissenschaftlichen Kontext wird dabei meist angestrebt, diese Lizenzen möglichst offen zu halten, um eine einfache Nachnutzbarkeit zu gewährleisten. Eine Möglichkeit hierfür bieten die Creative Commons Lizenzen, bei denen Urheber:innen unter bestimmten Bedingungen eine freie Nutzung von Inhalten erlauben können. Um eine Creative Commons Lizenz vergeben zu können, müssen die entsprechenden Rechte auch vorhanden sein. Dies ist bei nachgenutzten Daten nicht unbedingt der Fall.

6.3.5. Fazit#

Wie sich im Laufe dieses Kapitels und auch am Beispiel der Daten unserer Fallstudie gezeigt hat, ist die Veröffentlichung und Nachnutzung von Forschungsdaten ein sehr komplexes Feld. Zahlreiche rechtliche Rahmenbedingungen wie Bestimmungen des Datenschutzes oder Urheberrechte müssen beachtet werden. Eine fundierte Rechtsberatung, bereits bei der Planung des Forschungsprojektes, ist daher notwendig und empfehlenswert. Oft stellen sich scheinbar einfache Sachverhalte als rechtlich äußerst kompliziert heraus.

Eine erste Anlaufstelle für eine rechtliche Beratung kann dabei das Justiziariat Ihrer Hochschule sein. Aber auch andere Institutionen bieten rechtliche Unterstützung an, wie z.B. das NFDI4Culture Legal Helpdesk oder die Beratungsangebote des FID Media.

6.3.6. Literatur#

[HGH18]

Marion Goller and Adelheid Heftberger. Die Öffnung von Forschungsdaten in den Film- und Medienwissenschaften: praktische und urheberrechtliche Herausforderungen. Fachinformationsdienst für internationale und interdisziplinäre Rechtsforschung, May 2018. URL: https://intr2dok.vifa-recht.de/receive/mir_mods_00003639, doi:10.17176/20180515-233758.

[HHub24]

Andreas Hübner. Wem “gehören” Forschungsdaten? April 2024. URL: https://zenodo.org/records/11077412, doi:10.5281/zenodo.11077412.

[HKFP23] (1,2,3)

Janna Kienbaum, Patryk Fischer, and Sven Paßmann. Forschungsdatenmanagement bei personenbezogenen Daten - eine Handreichung. January 2023. URL: https://zenodo.org/records/7428524.

[HKli20]

Paul Klimpel. Kulturelles Erbe digital - eine kleine Rechtsfibel. (:unav), 2020. URL: https://www.digis-berlin.de/wp-content/uploads/2020/09/digiS_PKlimpel_Rechtsfibel.pdf.

[HKR23] (1,2,3,4,5,6,7,8)

Paul Klimpel and Fabian Rack. Audiovisuelle Materialien in Forschung und Lehre - eine Übersicht zu urheberrechtlichen Aspekten. June 2023. URL: https://zenodo.org/records/8099443, doi:10.5281/zenodo.8099443.

[HKL21] (1,2)

Till Kreutzer and Henning Lahmann. Rechtsfragen bei Open Science: Ein Leitfaden. Hamburg University Press, publishing house of the Hamburg State and University Library, 2021. ISBN 978-3-943423-89-1. URL: https://hup.sub.uni-hamburg.de/oa-pub/catalog/book/205, doi:10.15460/HUP.211.

[HKus18]

Linda Kuschel. Wem “gehören” Forschungsdaten? Zur Rechtslage nach Urheber- und Datenschutzrecht. Forschung & Lehre, 25(9):764–766, 2018.