Studentische Filme an der Filmuniversität Babelsberg zur Wendezeit (1985-1999)#

Im Rahmen der Digital Humanities werden in verschiedenen Bereichen der Geisteswissenschaften in den letzten Jahren verstärkt digitale Werkzeuge und digitale Methoden eingesetzt. Auch die Filmwissenschaft beschäftigt sich mit den Möglichkeiten und Grenzen digitaler Ansätze. So widmet die Zeitschrift montage/av im Jahr 2020 eine Ausgabe dem Thema Digitale Praktiken in der Filmforschung, im gleichen Jahr erscheint in Digital Humanities Quarterly (DHQ) ein Themenschwerpunkt zu Digital Humanities & Film Studies. Für die Filmgeschichtsschreibung zeigt der Sammelband Doing Digital Film History [Dang et al., 2025] verschiedene Perspektiven digitaler Herangehensweisen auf. Auch in der Lehre werden Formate erprobt, die den Studierenden den Umgang mit digitalen Tools und Methoden näherbringen sollen. [Diecke and Hagener, 2025]
Nicht nur Studierende, sondern auch Lehrende und Forschende müssen sich mit den Anforderungen und Potenzialen digitaler Arbeitsweisen vertraut machen. Vor allem für diese Zielgruppe wurde auf der Grundlage einer Fallstudie die vorliegende Open Educational Resource (OER)[1] in Form eines Jupyter Books entwickelt. Sie befasst sich mit einer filmwissenschaftlichen Fragestellung und erkundet, wie für deren Bearbeitung digitale Verfahren sinnvoll eingesetzt werden können. Im Mittelpunkt der exemplarischen Untersuchung steht das Filmarchiv der Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) “Konrad Wolf”, also der heutigen Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF. Ausgangspunkt für die Fallstudie bildet folgende Frage: Welche Veränderungen lassen sich in den studentischen Filmen der Jahre 1985 bis 1999 erkennen, die auf die deutsche Einheit verweisen?
Die filmwissenschaftliche Forschung steht dabei vor besonderen Herausforderungen. Die Auswertung digitalisierter Textquellen gehörte zu den ersten Arbeitsbereichen in den Digital Humanities und kann daher auf eine bereits relativ lange Tradition mit mehrfach erprobten Methoden und digitalen Tools zurückblicken. [Jannidis et al., 2017] Texte weisen im Normalfall eine klare, regelhafte Struktur auf, die gut mit computergestützten Methoden erfasst und ausgewertet werden kann. Audiovisuelle Quellen hingegen sind, bedingt durch ihren multimodalen Charakter, wesentlich komplexer strukturiert: Bild, Text und Ton wirken in ihrer zeitlichen Abfolge zusammen, bilden vielgestaltige Bedeutungsebenen, Sinnstrukturen und Motive. Das Erkennen von Mustern und Regelhaftigkeiten mit digitalen Werkzeugen wird dadurch kompliziert. Einige Aspekte dieser Herausforderungen sollen anhand der vorliegenden Fallstudie dargestellt und reflektiert werden. Die OER führt zudem anhand eines konkreten Beispiels in grundlegende Schritte digitalen Arbeitens in der Filmwissenschaft ein.
Struktur der Fallstudie#
Die Darstellung der Fallstudie in dieser Open Educational Resource ist in mehrere Schritte unterteilt.

Fig. 1 Schritte der Fallstudie#
In einem einleitenden Kapitel wird auf das Themenfeld “Digital Humanities und Filmwissenschaft” eingegangen. Die daran anschließende Fallstudie ist folgendermaßen gegliedert:
im 1. Schritt wird das zu untersuchende Filmkorpus durch eine Materialrecherche zur Forschungsfrage eingegrenzt. Es wird definiert, was unter filmografischen Angaben (wie z.B. Titel, Regie, Entstehungsjahr etc.) bzw. Metadaten zu verstehen ist und anschließend erläutert, auf welche Weisen die Fragestellung operationalisiert werden kann (siehe Kapitel Vorarbeiten und Recherche).
im 2. Schritt wird die Rolle von Datenmodellen und einer guten Datenstruktur genauer beleuchtet. Die Datenquelle für die Metadaten des zu untersuchenden Filmkorpus wird analysiert und die Bereinigung eines Datensatzes mit OpenRefine anhand exemplarischer Schritte dargelegt (siehe Kapitel Datenerhebung und Datenbereinigung). Da der Originaldatensatz personenbezogene Daten in den filmografischen Angaben enthält, wird für die Erläuterung der Bereinigungsschritte ein synthetischer Datensatz mit fiktiven Einträgen verwendet.
im 3. Schritt findet eine exemplarische Auswertung des synthetischen Datensatzes mithilfe von Visualisierungen statt. Zudem werden die im Datensatz enthaltenen Schlag- und Stichwörter nach Mustern untersucht, die Aufschluss über behandelte Themen und Motive geben können (siehe Kapitel Datenauswertung und Datenvisualisierung).
im 4.Schritt steht der Weg zur Publikation der Daten im Mittelpunkt. Es wird auf den Stand des Forschungsdatenmanagement in der Filmwissenschaft und mögliche Problemfelder bei der Datenpublikation eingegangen (siehe Kapitel Datenpublikation).
In einem abschließenden Kapitel werden die Ergebnisse der Fallstudie zusammengefasst und reflektiert, gefolgt von einem Ausblick auf weitere mögliche Auswertungen des zum Korpus erstellten Datensatzes.
Literatur#
Sarah-Mai Dang, Tim van der Heijden, and Christian Gosvig Olesen, editors. Doing Digital Film History: Concepts, Tools, Practices. De Gruyter Oldenbourg, 2025. ISBN 978-3-11-108248-6. URL: https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783111082486/html, doi:10.1515/9783111082486.
Josephine Diecke and Malte Hagener. Managing Tools and Expectations: Dos and Don'ts of Teaching Digital Methods for Film Analysis and Film Historiography, pages 299–312. De Gruyter, 2025. URL: https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783111082486-014/html, doi:10.1515/9783111082486-014.
Fotis Jannidis, Hubertus Kohle, and Malte Rehbein. Digital Humanities: Eine Einführung. J.B. Metzler Verlag, Stuttgart, 2017. ISBN 978-3-476-02622-4.